1. FC Kaiserslautern – SpVgg Fürth
Die fragwürdigen Machenschaften der FIFA und deren Präsidenten sind engagierten Fußballfans nicht erst seit der letztjährigen Winter-WM im Wüstenstaat Katar ein Dorn im Auge. Nein, auch die vorangegangene Vergabe nach Russland und sogar der Vergabeprozess zur WM nach Deutschland 2006 (damals noch unter Infantinos Vorgänger Sepp Blatter) waren nur so von Korruption und anderweitigem Fehlverhalten hochrangiger Funktionäre und Politiker gekennzeichnet. Nun soll also die WM 2034 nach Saudi-Arabien vergeben werden. Zugegeben: Wir sind etwas spät dran mit unserer Kritik an der geplanten Vergabe, allerdings konnte auch keiner wissen, dass Präsident Infantino eigenmächtig das auf ein Jahr festgelegte Vergabeprozedere umgeht und den Saudis im Alleingang und per Social Media den de facto Zuschlag zur Durchführung der WM erteilt. Aber wieso wird eine WM in Saudi-Arabien nicht eine WM werden, auf die man sich freuen kann und was gibt es an einer möglichen WM 2034 zu kritisieren? Hierzu haben wir einige Punkte für euch zusammengefasst.
1. Wie kommt die Vergabe zustande?
Gewöhnlich ist es bei WM-Vergaben so, dass viele Nationen darum streiten, das Privileg zu erhalten, eine Fußball-Weltmeisterschaft austragen zu dürfen. Eine WM im eigenen Land bringt Wählerzustimmung für die regierenden Parteien, einen Wirtschaftsbonus durch Tourismus und erhöhten Konsum sowie die Möglichkeit für ein Land, sich der ganzen Welt von seiner besten Seite zu präsentieren. Eine FIFA-WM ist immerhin ein traditionsreiches Ereignis und das größte Sportevent der Erde. Man dürfte also meinen, dass der Züricher Briefkasten der FIFA mit Bewerbungen aus aller Herren Länder nur so aus den Nähten geplatzt haben muss. In Wirklichkeit war jedoch das Gegenteil der Fall: Nach Fristende lag lediglich die Bewerbung aus dem Königreich Saudi-Arabien auf Gianni Infantinos Schreibtisch. Wie kann das sein?
Dies liegt hauptsächlich darin begründet, dass die WM 2030 auf drei Kontinenten ausgetragen wird und damit im Einflussbereich dreier Kontinentalverbände liegt. Die FIFA schließt Kontinentalverbände, im Sinne der Fairness, nach einer ausgetragenen WM für die folgenden beiden Turniere von der Austragung aus. Da die WM 2026 in Nordamerika und die WM 2030 in Afrika, Europa und Südamerika (in Südamerika lediglich drei Spiele) ausgetragen wird, sind diese Kontinentalverbände für die WM 2034 gesperrt. Wer in Erdkunde gut aufgepasst hat, weiß, dass somit die Kontinente Antarktis, Asien und Ozeanien übrigbleiben. Da aus der Antarktis auch diesmal wieder keine Bewerbung einging, bleiben nur noch Asien und Ozeanien übrig und weil Australien dem asiatischen Verband angehört, besteht der ozeanische Verband nur noch aus Neuseeland und den Pazifischen Inselstaaten, welche ein solches Großprojekt infrastrukturell nicht stemmen können. Die Australier hingegen, witterten ihre Chance und bekundeten ihr Interesse an der WM 2034 offiziell. Nun sind die Australier jedoch in demselben Kontinentalverband wie die Saudis und haben in diesem gleich ihren mächtigsten Widersacher. Die Kontrollgremien des asiatischen Verbandes werden nämlich von Funktionären aus den Golfstaaten besetzt und somit war der australische Vorstoß schon von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Kurz vor Ende der Frist zog der australische Verband sein Interesse zurück und verzichtete auf eine Bewerbung. So kommt es, dass Saudi-Arabien mit Fristende der einzige Bewerber für die WM 2034 war. Dass bei der WM 2030 ganze drei Spiele in drei Südamerikanischen Ländern gespielt werden ist für die FIFA Grund genug, den ganzen Verband für 2034 und 2038 zu sperren. Die FIFA gibt an, die Spiele dort austragen zu wollen, um das 100-jährige Jubiläum der ersten Fußball-WM 1930 in Uruguay honorieren zu wollen. Der kritische Fußballfan könnte hierbei jedoch fast auf den Gedanken kommen, dass die FIFA mit Kalkül den Südamerikanern 270 Fußballminuten einräumt, um vier Jahre später freie Bahn für eine saudische WM zu haben.
2. Wer entscheidet über die Vergabe?
Im Rahmen der Bemühungen der FIFA, transparenter zu erscheinen, bestimmt seit der Vergabe zur WM 2026 der FIFA-Kongress in einer Abstimmung über das Gastgeberland einer jeden WM. Dieser Kongress besteht aus Delegierten aller Nationalverbände die der FIFA angeschlossen sind. Hierbei ist eine absolute Mehrheit nötig. Eine Abstimmung über die Vergabe Saudi-Arabiens hat noch gar nicht stattgefunden. Gianni Infantino hat allerdings schon einmal vorsorglich auf Instagram bestätigt, dass die WM dort stattfinden wird. Sehen so Transparenz und ein demokratisches Entscheidungsfindungsverfahren aus? „The Greatest Show on Earth“, wie Infantino die WM bezeichnet, verkommt immer mehr zu einem Aristotelischen Drama, in dem die Katastrophe noch bevorsteht.
3. Ist eine WM in Saudi-Arabien, wenn auch korrupt, wenigstens ethischer als die WM in Katar?
Hierzu ist die Antwort, die ich hier schon vorwegnehme, ganz klar: Nein. Wie auch bei Katar hat der Begriff Sportswashing in Saudi-Arabien eine große Bedeutung. Das ist seit Jahren bereits am Beispiel der Formel 1 bekannt. Durch das Ausrichten großer, fantastischer Sportereignisse versucht Saudi-Arabien, sein furchtbares Image aufzupolieren. Saudi-Arabien belegt auf dem Index der Pressefreiheit Platz 170 von 180, Kronprinz Mohammed bin Salman beherrscht das Land diktatorisch, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind dort Fehlanzeige. Gerade dies sind Themen, die uns, als Ultras, wichtig sind. Pochen wir doch auf stets freie Kurven, freie Entfaltung unserer Kultur und freie Äußerungen von Positionen, die uns wichtig sind. In einem Land wie Saudi-Arabien würde ein Text wie dieser hier niemals entstehen. Im Bezug auf Pressefreiheit ist eine Austragung in Saudi-Arabien sogar ein Rückschritt zu Katar, steht Katar doch sogar auf Platz 119 des Index der Pressefreiheit. In einem Land unfreier und kontrollierter Justiz werden des Weiteren immernoch Todesurteile vollstreckt, zum Teil auch gegen Minderjährige, Frauenrechte sind stark eingeschränkt, homosexuelle Handlungen verboten. Alles Dinge, die konträr zu einem Event stehen, welches die ganze Welt willkommen heißen und ein sicherer Hafen für Menschen jeglicher Couleur darstellen soll. Die Verfehlungen Saudi-Arabiens gehen weiterhin streng gegen die Menschenrechtsagenda, die die FIFA selbst entworfen und zur essentiellen Voraussetzung für WM-Bewerber gemacht hat. Bei Saudi-Arabien wird über die eigenen Maximen, im Sinne des Geldes, hinweggesehen. Aus Sicht der Nachhaltigkeit lässt sich noch sagen, dass wieder eine WM in einem Land stattfinden soll, welches nicht über eine gesunde Fußballinfrastruktur verfügt, in welchem zig Stadien unter menschenunwürdigen Bedingungen gebaut werden, welche nach einem Monat WM ungenutzt brach liegen werden. Außerdem steht aufgrund der hohen Temperaturen in der arabischen Wüste eine erneute Winter-WM im Raum, bei welcher die offenen Stadien bei höchsten Außentemperaturen auf ein Minimum heruntergekühlt werden. Das ist weder nachhaltig noch sonderlich klimafreundlich.
Auch wenn die WM in Saudi-Arabien praktisch fix ist, liegt es an uns, die Umstände der Vergabe zu kritisieren und weiterhin am Ball zu bleiben, wenn es darum geht, einen genauen Blick auf die Vorgänge dort zu werfen. Niemals dürfen wir Fußballfans unsere kritische Stimme verlieren, wenn es auch noch so aussichtlos scheint und man sich in Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit wähnt. In diesem Sinne:
Auch 2034 bleibt es dabei:
Keine Winter-WM! Keine Vergabe nach Saudi-Arabien!