DFL-Investoren-Einstieg: Meilenweit von Nachhaltigkeit, Stabilität und Bodenständigkeit entfernt

Vor knapp drei Jahre gelobte das DFL-Präsidium, die Zukunft des Profifußballs entlang der Werte Nachhaltigkeit, Stabilität und Bodenständigkeit auszurichten. Diese Werte-Orientierung scheint heute schon wieder vergessen. Stattdessen steht mal wieder die Frage im Vordergrund, wie es möglich ist, an noch mehr Geld zu kommen. Die DFL will dafür in Zukunft einen Investor an den zukünftigen Vermarktungserlösen beteiligen. Mit diesem Geld soll erstens die DFL in den Ausbau der Vermarktung des Profifußballs investieren. Zweitens soll ein Teil der Erlöse direkt an die Vereine der 1. und 2. Bundesliga fließen.

Bereits in einem Monat – im April diesen Jahres – möchte die DFL in die finalen Verhandlungen einsteigen. Für den Profifußball der Männer steht eine weitreichende Entscheidung an. Viele Fragen sind nach wie vor ungeklärt.

Neben der Kurzfristigkeit eine solch weitreichende Entscheidung herbeizuführen, gibt es aus unserer Sicht mindestens diese sechs Kritikpunkte, die gegen einen Investoren-Einstieg sprechen:

Mehr Geld macht das System Profifußball nicht nachhaltiger
Der Fußball steht vor vielen Herausforderungen. “Zu wenig Geld” ist keine davon. Es ist nach wie vor Fakt, dass das vorhandene Geld ungleich verteilt und vor allem nicht nachhaltig ausgegeben wird. Die Vergangenheit zeigt: Externes Geld hat noch nie zu nachhaltigem Wirtschaften im Fußball beigetragen. Es verstärkt das Grundproblem der negativen Ausgabenspirale, indem es vor allem höhere Gehälter für Spieler, Berater*innen und Funktionär*innen bewirkt.

Ungleiche Geldverteilung verhindert integren Wettbewerb
Es ist davon auszugehen, dass die Investoren-Gelder mit einem ähnlichen Schlüssel wie bei den Medienerlösen an die Clubs verteilt werden. Dadurch wird die Ungleichheit zwischen 1. Bundesliga und 2. Bundesliga weiter manifestiert. Der Abstand zur 3. Liga wird noch größer. Top-Clubs profitieren überproportional – auch weil sie von der beabsichtigen Stärkung der internationalen Vermarktung finanziell besonders profitieren.

Überkommerzialisierung führt zu noch mehr Entfremdung
Mit den Mehr-Einnahmen durch einen Investoren-Einstieg soll laut DFL die Vermarktung verbessert werden. Die Kommerzialisierung soll damit weiter vorangetrieben werden – obwohl die Corona-Pandemie gezeigt hat, dass sich die Mehrheit aller Fans das Gegenteil wünscht. Und: Mehr Geld durch Vermarktung gibt es in erster Linie durch Maßnahmen, die viele Fans ablehnen: Etwa durch eine weitere Spieltags-Zerstückelung oder dubiose NFT-Deals.

Wetten auf die Zukunft ist kein nachhaltiges Wirtschaften
Mit dem Investoren-Einstieg werden in der Hoffnung, in Zukunft noch mehr Gewinn zu machen, künftige Einnahmen an den Investor abgetreten. Ein Teil des Geldes aus diesem Verkauf soll umgehend an die Vereine fließen. Diese sollen damit finanzielle Löcher aus der Vergangenheit stopfen dürfen, statt nachhaltig in die Zukunft zu investieren. Das hat mit nachhaltigem Wirtschaften nichts zu tun und setzt falsche Anreize.

Mechanismen des Private-Equity-Geschäfts schaden gesellschaftlicher Neuausrichtung
Private-Equity-Investoren sind an einer zweistelligen finanziellen Rendite interessiert – nicht an der strategischen Weiterentwicklung des Profifußballs entlang einer Werte-Orientierung und gesellschaftlichen Verankerung. Hier kann es kein Sowohl-Als-Auch geben. Diese Investoren sind keine strategischen Partner für eine gesunde und bodenständige Weiterentwicklung.

Weitreichende Entscheidungen der Vereine nicht ohne Mitglieder-Beteiligung
Die Beteiligung eines Investors an den Einnahmen der Bundesliga wäre ein absolutes Novum. Es handelt sich um eine historische und weitreichende Entscheidung, die aktuell zur Diskussion steht. Trotz dessen wurden bis heute die Mitglieder der Vereine, die diese Entscheidung treffen, in keinen strukturierten Austausch eingebunden, geschweige denn exklusiv informiert. Eine solche Entscheidung muss zwingend an Mitgliederinteressen rückgebunden werden. Daher muss der Entscheidungsprozess so angepasst werden, dass ab sofort Mitglieder miteinbezogen werden. Denn die Summe der Mitglieder sind der Verein und die DFL ist die Summe der Vereine.

Wir fordern alle – die interessierte Öffentlichkeit, Fans, Mitglieder und Vereine – zu einer intensiven und kritischen Auseinandersetzung mit den aktuellen Plänen auf. Die Entscheidung über einen Investoren-Einstieg stellt eine Weichenstellung im deutschen Profifußball dar. Lasst uns dafür sorgen, dass wir an der richtigen Stelle abbiegen und weiter für einen nachhaltigen und bodenständigen Fußball kämpfen!

 

Netzwerk Zukunft Profifußball

 

März 2023

 

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